Zinswende könnte Wohnungsbau blockieren
Die kürzliche Wende in der Politik der Europäischen Zentralbank wird auch Auswirkungen auf Immobilien haben. So werden die Bauzinsen damit steigen. Das wiederrum könnte das erklärte Ziel der Bundesregierung für 400.000 neue Wohnungen je Jahr gefährden. Eine der drei Leitzinsen der Europäischen Zentralbank ist die Hauptrefinanzierungsfazilität. Es handelt sich um jenen Zinssatz, zu welchem sich Geschäftsbanken das Geld bei der Zentralbank ausleihen können. Durch die Anhebung des Leitzinses von bisher 0 auf 0,5 ist das Leihen nun wieder kostenpflichtig. Diese Tatsache wird voraussichtlich an die Kunden weitergebenen – auch dann, wenn diese eine Immobilie oder ein Vorhaben rund um den Bau planen.
Experten warnen vor Folgen
Verschiedene Experten wie etwa der Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilienausschusses schlagen bereits jetzt Alarm. So verweisen sie darauf, dass dies bezahlbare Wohnräume in Deutschland weiter zurückwerfen wird. Bereits die Zinsen für einen Baukredit sind in den vergangenen Wochen und Monaten stark gestiegen und haben mit ihren etwa drei Prozent einen Höchstwert erreicht – der Inflation sei Dank. Somit werden auch die Kredite teurer werden. Hinzukommt aber auch, dass die Lieferketten zusammenbrechen, Preise explodieren, Fachkräfte fehlen und Förderungen wegbrechen. Für preiswertes Wohnen wird es in der nahen Zukunft also erst einmal nicht sehr leicht. Einige Bauunternehmen sind derzeit gut ausgelastet und nehmen keine Aufträge mehr an- Dabei ziehen sich viele Aufträge auch lange hin. Das liegt unter anderem auch daran, dass bestimmte Produkte durch den Krieg in der Ukraine nicht lieferbar sind. Experten haben die Sorge, dass die hohen Zinsen mögliche Investoren abschrecken. Einige Fachkundige fordern daher von der Bundesregierung auf die hohen Energiestandards bei den Neubauten zu verzichten.
Landesbauverordnungen sollen angeglichen werden
Gegen diese Forderung gibt es naturgemäß Gegenwind. So verteidigen die Grünen unter anderem die hohen Standards und verweist auf die Notwendigkeit in Zeiten, in denen das Heizen so teuer sei wie nie zuvor. Hohe Standards und maximale Effizienz seien also sehr relevant. Dass das Ziel der 400.000 neuen Wohnungen in diesem Jahr noch zu schaffen ist? Daran glaubt aktuell fast niemand mehr. Bereits im Jahr davor wurde dieses Ziel weit verfehlt.
Damals sind knapp 300.000 neue Wohnungen im Land entstanden. Schon im Frühjahr kündigte das Bauministerium an. Die Genehmigungsverfahren zu digitalisieren. Zudem wollte man alle 16 Landesbauverordnungen angleichen. Wichtig seien dafür neue Reize wie etwa Leerstände zu Gewerbeimmobilien umfunktionieren. Dabei sollen bereits bestehende Immobilien besser genutzt werden, anstatt Neubauten hochzuziehen. Auch die Gemeinnützigkeit soll dabei im Zentrum stehen. So soll der Gewinn der Bauherren eher im Schatten stehen. Nachdem insbesondere die FDP dazu eine etwas andere Einstellung hat, könnte der nächste Streit innerhalb der Koalition schon vorprogrammiert sein.
Platzt die Immobilienblase
Einige wenige Experten befürchten nun sogar das Platzen der Immobilienblase. Dazu müssten die Objekte allerdings deutlich höher bewertet werden als es marktwirtschaftlich angemessen erscheint. Darauf deutet allerdings nicht viel hin. Die Neubauprojekte werden aktuell rückläufig, womit sich das Angebot verknappt und die Preise stabilisiert werden können. Die steigenden Mieten machen das Platzen der Immobilienblase zusätzlich unrealistisch. Insgesamt gilt es also nach wie vor als nicht sehr realistisch, dass die Immobilienblase in absehbarer Zeit platzt.